Über den Autor

Wer ich bin:

Ich wurde 1952 in Hamburg geboren. Meine Eltern waren traumatisierte Kriegskinder, die ihre Flucht- und Verfolgungserfahrungen nie verarbeitet haben. Meine ersten Jahre habe ich in Kinderheimen und abwechselnd bei meinen sehr unterschiedlich gestrickten Großmüttern verbracht. Als ich 5 Jahre alt war, konnten meine Eltern endlich eine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in Hamburgs Arbeiterviertel Barmbek ergattern: Das Mietshaus stand direkt an der Hochbahnstation Dehnhaide. Selbst 12 Jahre nach Kriegsende lagen in diesem Stadtteil noch ganze Straßenzüge in Schutt und Asche. Treppenhäuser und Kloschüsseln ragten aus zerbombten Ruinen, die nur lückenhaft mit Draht- und Bretterverhauen von den geschotterten Gehwegen abgegrenzt waren. Niemand verlor ein Wort über die Trümmerfelder und Bombentrichter, in denen Tausende Hamburger ihr Leben verloren hatten. Auch wir Kinder fragten nicht, warum so viele Häuser kaputtgegangen waren. Wir fanden die Ruinen völlig normal: Sie waren wundervolle Abenteuerspielplätze.
Nach dem Abitur studierte ich in Hamburg Medizin und heiratete eine Kommilitonin. Wir haben vier erwachsene Kinder und eine wachsende Zahl Enkelkinder. Nach 25 Jahren Tätigkeit als Kinderkardiologe in eigener Praxis in Kiel leben meine Frau und ich nun in einem idyllischen Dorf an der Elbe. Hier gibt es eine kleine um 1450 erbaute, verwaiste Backsteinkirche mit einem 1759 erneuerten Feldsteinturm und geharkten Kieswegen zwischen den Gräbern, ein zwei Jahrhunderte altes verwitwetes Pfarrwitwenhaus, aber kein Pastorat, keinen Laden, kein Kino und keine Kneipe. Wir sind umgeben von einer atemberaubenden Natur und einem großen Kreis netter Nachbarn.

Warum ich schreibe:

Das Schreiben ist eine Tätigkeit, die sehr entspannt, weil sie mit reglosem Nichtstun einhergeht. Zuerst hat man den Wunsch, etwas auszudrücken, das einen beschäftigt, aber das man nicht in Worte fassen kann. Man beschreibt zunächst Dinge und Situationen, die man beobachtet hat und die eigentlich nebensächlich erscheinen, aber sich eingeprägt haben. Dann zeichnen sich erste Konturen des eigentlichen Themas ab – man findet Metaphern, die sich zu schemenhaften Szenen zusammensetzen. Es entwickelt sich eine Geschichte mit unterschiedlichsten Charakteren, die sich bald selbständig erzählt und die nur noch mitgeschrieben werden muss.

Am Ende ist man erstaunt, wie leicht sich plötzlich ein roter Faden entsponnen hat und „der Plot“ entstanden ist– das Buch ist fertig!

Eigentlich.

Aber dann kommt die Kärrnerarbeit, die eigentlich vom Lektorat eines angesehenen Verlags geleistet werden soll: Passen die Details vom Anfang der Geschichte auch am Ende noch zusammen? Gibt es logische Fehler oder unerklärliche Brüche in den Abläufen oder Charakteren? Ist alles Wichtige gesagt oder wurden Umstände stillschweigend vorausgesetzt, die die Leserin oder der Leser gar nicht wissen kann? Gibt es unnötige Wiederholungen? Bleibt der Leserin oder dem Leser genug Luft, sich ein eigenes Urteil zu bilden oder wird sie bzw. er von einer Moralkeule erschlagen?

Die Arbeit an Layout und Covergestaltung sind dagegen wieder sehr erholsam.

Worüber ich schreibe:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Schöner und treffender kann man dieses erste Grundrecht nicht zusammenfassen.

Im Gegensatz zum glasklaren Artikel 1 tradiert die Fassung des 3. Artikels des Grundgesetzes von 1949 bis heute ganz selbstverständlich den politischen Rassenbegriff des nationalsozialistischen Unrechtsstaates: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Das Spannungsfeld, das sich aus der Verwendung der Begriffe „Mensch“ und „Rasse“ in einem so wichtigen juristischen Text auf engstem Raum ergibt, ist mein Thema:

Das Dogma genetischer Rassenmerkmale bei Menschen, das mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 zur nationalen Richtschnur erhoben wurde, führte zu millionenfacher Verfolgung und Vernichtung „unwerten Lebens“.[1]

Die mangelnde juristische Auseinandersetzung mit dem Begriff „Rasse“ in der Nachkriegszeit hat Folgen, die wir in der Bundesrepublik immer wieder und in den letzten Jahren immer schmerzhafter spüren können: Der Rassismus blüht auf und bildet den Nährboden für Nationalismus, Antisemitismus, Fremdenhass und Ablehnung „fremder Kulturen“. Das Phänomen ist nicht auf Deutschland beschränkt, sondern wuchert in vielen Staaten Europas. Wenn wir Demokraten uns nicht gemeinsam entschieden gegen jede Form von Rassismus wehren, wird er in letzter Konsequenz wieder zum Völkermord aufrufen oder sogar dahin führen.

Und ich schreibe für meine Enkel. Ihnen möchte ich von der Familie erzählen, damit sie verinnerlichen, dass der Grundsatz „die Würde des Menschen ist unantastbar“ keine abstrakte Forderung ist, sondern uns alle betrifft.

Was ich sonst noch mache:

Ich engagiere mich für die Verlegung von Stolpersteinen in Göttingen und Hamburg.

Ich halte in Schulen Vorträge über die Shoah am Beispiel meiner Familie.


[1] Jenaer Erklärung von 2019 auf der 112. Jahrestagung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft: „Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung“